Diese Filmkritik zu Deep Impact erschien im Februar 1998 auf indonet.de. Für mein Archiv habe ich sie hier neu publiziert:
Kometen kommen immer wieder. Der Halleysche kommt alle 76 Jahre an der Erde vorbei. 2062 das nächste Mal, um korrekt zu sein. Bei manchen Kometen wünscht man sich aber, daß sie die Erde nie erreichen mögen – vor allem bei denen auf Kollisionskurs.
Der Komet Wolf-Biederman rast durch das All und droht die Erde zu zerstören. Das weiß aber keiner – außer den Entdeckern – bis die Journalistin Jenny Lerner (Tea Leoni) aus Zufall die Geschichte wittert. Die Appelle des amerikanischen Präsidenten (Morgan Freeman) fruchten – sie bringt die Geschichte nicht, erhält dafür aber bevorzugte Behandlung in der Pressekonferenz, in der die Welt von dem Schrecken erfahren soll.
Ohne Wissen der Öffentlichkeit hat die amerikanische Regierung bereits unterirdische Evakuierungsbunker für die Zeit nach dem Fallout gebaut. Eine Million Menschen paßt dort herein – zusätzlich zu den 200 000 Künstlern, Soldaten, Wissenschaftler und, ach ja Politiker wollen auch überleben…, auch 800 000 normale Bürger, die durch das Los bestimmt werden. Tragödien spielen sich ab, Familien werden entzweit, Kinder heiraten. Auch die sensationsgeile Journalistin Lerner gibt ihren Platz in der modernen Arche Noah an eine alleinerziehende Mutter ab. Irgendwo ist auch der größte Karrierist ein Mensch. Glaubt Hollywood zumindest. Und der jugendliche Entdecker des unheilbringenden Kometen, Leo Biederman, erhält auch Plätze in dem unterirdischen Bunkersystem. Seine Frau dürfte er mitnehmen. Der Gute ist zwar erst 17, aber welches High-School-Sweetheart sagt da schon Nein?
Der Amerikaner an sich läßt so große Dinge nicht auf sich zurollen, geschweige denn zurauschen, und legt auch nicht die Hände in den Schoß. Stattdessen wird ein Raumschiff gebaut, gemeinsam mit den Russen – natürlich das größte, das die Welt je gesehen hat. Mit Nuklearsprengköpfen bestückt, stellt es die einzige Überlebenshoffnung der Menschheit dar. Aber so richtig wollen die Atombomben nicht zünden. Der Plan schlägt fehl. Amerikanische Helden geben so leicht nicht auf. Und wenn man sich opfern muß, um Millionen von Leben zu retten, dann tut man das eben…
Katastrophenfilme sterben nie aus. Leider. Denn alle nur denkbaren Geschichten dieses Genre sind wohl bereits erzählt worden. Da kann auch die „Emergency Room“-Regisseurin Mimi Leder nicht mehr aus dem dünnen Ideenpool herausschöpfen. Der Fim wirkt wie ein Brei vieler nicht gelungener Zitate aus anderen Filmen, angerührt zu einem unterdurchschnittlichen Ganzen. Ein Beispiel: Als die heißersehnte Welle über die Ostküste der USA herüberschwappt, fliehen die Kinder vor der heranbrausenden Flut. Sie stehen also ein paar Meter vor der neuen Küstenlinie, irgendwo in irgendwelchen Bergen. Vermutlich ist das Virginia. Niemand hielt es offensichtlich für notwendig, den Zuschauer darüber aufzuklären, wo denn nur das trockene Plätzchen ist… Am Himmel verglühen die Überbleibsel des Kometen, die beiden Kinder halten Händchen. Independence Day meets Die Blaue Lagune. Eine Kreuzung, die allerdings zielsicher den Kitsch beider Streifen vermengt. Ein Feuerwerk, eine neue Familie – alles schon tausend Mal gesehen. Und besser.
Manchmal wünscht man sich, daß der Kelch, der sich Komet nennt, nicht an der Erde vorbeigegangen wäre…