Diese Filmkritik zu Der Prinz von Ägypten erschien im Januar 1999 auf indonet.de. Für mein Archiv habe ich sie hier neu publiziert.
Hybris nennt sich das wohl, Geschichten aus der Bibel verfilmen zu wollen. Denn nicht immer entstehen dabei solche Klassiker wie Die Zehn Gebote mit Charlton Heston. So sind die Kirch-Verfilmungen der Schrift wohl bestenfalls als Handwerk anzusehen. Einen neuen Versuch unternimmt jetzt das Dreamworks-Studio mit Der Prinz von Ägypten.Und diese Geschichte lag Jeffrey Katzenberg, Mit-Gründer des neuen Hollywood-Giganten, ganz besonders am Herzen. Seinen Mitstreitern – Steven Spielberg und David Geffen – wollte es der Studioboss jedenfalls mit dem Prinzen beweisen: „Das ist das, was ich zu Dreamworks beitragen kann!“ Gut gebrüllt, Jeffrey!
Eines ist klar: Wird auch Der Prinz von Ägypten ein Kassenschlager, wird in Zukunft mit dem Genre Zeichentrickfilm nciht mehr automatisch Disney verknüpft werden. Zu heftig ist die Konkurrenz geworden.
Die Frau des ägyptischen Pharaos Sethos fischt aus dem Nil ein kleines Schilfkörbchen. Darin schlummert ein kleiner Junge, den sie Moses tauft. Mit seinem Halbbruder Ramses, der eines Tages seinem Vater auf den Thron von Ober- und Unterägypten nachfolgen wird, wächst er Seit an Seit auf. Die beiden werden ein unzertrennliches Gespann. Bei einem Ausflug aus dem elterlichen Palast begegnet er des Nachts auf den Straßen von Memphis seinen wahren Eltern, Miriam und Aaron. Sie lüften das Geheimnis seiner Herkunft: Er war einst im Schilfgras ausgesetzt worden, damit er überlebte. Befahl der Mann, den Moses lange Zeit Vater nannte, doch seinen Soldaten, den Erstgeborenen einer jeden israelitischen Familie zu töten, um ein Symbol seiner Herrschaft zu setzen. Die Israeliten waren ihm schlicht zu zahlreich geworden.
Ungläubig verweigert er sich der Wahrheit – und ist doch nicht mehr derselbe. Eine grausige Vision packt ihn: Die Figuren auf den Tempelwänden und -säulen erwachen zum Leben, sie erzählen von dem Massaker, das sein Vater einst an den geknechteten Sklaven des Volkes Israel beging. Kleine Zuschauer dürfte diese Traumsequenz verstören, größere dürfte sie für die volle visuelle Opulenz dieses Films einnehmen. Denn er hat nichts – außer den unvermeidlichen Songs – von der schwülstigen rosa Disney-Welt.
Nach einer Auszeit in der Wüste stellt sich Moses seiner Berufung: Er führt das Volk seines Gottes aus der Sklaverei. Doch sein Halbbruder Ramses, der ihrem Vater inzwischen auf den Thron nachgefolgt ist, gibt die billigen Arbeitskräfte so schnell nicht verloren. Seine Streitmacht sendet er in den Kampf gegen die unbewaffneten Israeliten. Doch Gott, der sowohl als brennender Dornbusch als auch als Feuersäule daherkommt, läßt Moses das Rote Meer teilen.
Maßstäbe setzen wollte man mit diesem Film. Abgesehen von ein paar Highlights ist aber nur ein ordentlicher produzierter Zeichentrickfilm herausgekommen. Disney kann froh sein, das Genre wurde nicht revolutioniert. Zu eng war das Skelett, das die politische Korrektheit dem biblischen Stoff anlegte. Eine Schar religiöser Berater nahm den Stoff als genehm ab. Wirklich ein Qualitätssiegel für ein künstlerisches Werk?