Diese Filmkritik zu Die Musterknaben erschien im März 1998 auf indonet.de. Für mein Archiv habe ich sie hier neu publiziert.
Zwei Kölner Schmuddel-Bullen bekommen den Auftrag, zusammen mit Kollegen vom Düsseldorfer Landeskriminalamt eine Wohnung zu observieren. Die beiden werden dabei aber zur Nachtschicht verdonnert, denn dafür sind sich die Edel-Kriminaler aus der Landeshauptstadt zu schade. Die pausenlose Videoüberwachung scheint zunächst bezahlter Urlaub zu werden, entpuppt sich aber bald als der größte Fall ihrer Laufbahn. Doch den lösen die beiden eher aus Versehen. Denn Docker (Jürgen Tarrach), der etwas korpulente Polizist, der gern auf dem Balkon grillt, hat anderes im Kopf: die Bardame Wanda – genau, wie der Fisch.
Das Turteln führt zu Ermittlungspannen. Bei ihrem ersten Treffen erzählt der Tolpatsch ihr von seinem Observierungsauftrag. Zufälligerweise kennt die blonde Holländerin aber die Bewohner und alarmiert diese per Telefon. Da kommt die Technik ins Spiel. Denn den Anruf zeichnet der Anrufbeantworter auf – und die Überwachungstechnikfür den akustischen Lauschangriff. Dieses Mißgeschick soll den Kollegen vom LKA aber verborgen bleiben. Doch das ist gar nicht so leicht. Denn wie kommt man ungesehen ins Haus, um die Nachrichten zu löschen? Schließlich überwachen die Polizisten das Haus auch per Kamera…
Videoclips sind die Kunstform des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Auch Hollywood bedient sich ihrer Bildsprache (Romeo und Julia). Aus ihnen einen Film zu machen, ist aber unmöglich. Dies haben die Autoren, Ralf Huettner und Dominic Raacke, aber versucht. Vorlage war das Beastie Boys-Video „Sabotage“. So werden aus den 70er-Jahre-Trash-Cops aus dem Video zwei abgehalfterte Jung-Polizisten aus NRW. Und genau da ist der Bruch. Köln-Porz fehlt einfach der nötige Kino-Glamour. Da nützen auch die Second-Hand-Klamotten der vertrottelten Partner nichts. Alles Schwitzen in Nylon- und Polyester-Hemden ist vergeblich. Auch der HipHop-Soundtrack von den Coolen Säuen aus Köln hilft dem Film nicht auf die Beine.
Denn er ist deutsch und deshalb eben nicht unbedingt cool. Das war schon bei dem bemüht lässigen ZDF-Mehrteiler „Um die Dreißig“ der Fall. Auch den haben die beiden Drehbuchautoren dieses Streifens verbrochen. Und das Grundübel bleibt: Eigentlich für das Fernsehen als Pilot einer Krimireihe gedreht, finden sich „Die Musterknaben“ plötzlich im Kino wieder. Der Grund: Das Publikum des Münchener Filmfests im letzten Sommer mochte den etwas anderen Krimi offenbar so sehr, daß sich das ZDF entschloß, den Film nicht gleich zu versenden, sondern ihn im Kino laufen zu lassen, so wie man das schon mit Stadtgespräch gemacht hatte. Der bisherige Erfolg hat die Programm-Macher so überzeugt, daß der zweite Teil schon produziert wird – hoffentlich fürs Fernsehen. Denn nicht jede überdurchschnittliche Pantoffelkistenproduktion gehört auch auf die große Leinwand…