Diese Filmkritik zu Rush Hour erschien im März 1999 auf indonet.de. Für mein Archiv habe ich sie hier neu publiziert.
Abgegrast ist das Genre ja schon. Schwarzenegger, Stallone – all sie hat es verschlissen: der durchschnittliche Actionfilm als Starvehikel. Jüngste Urständ feierte es zwar noch einmal mit Lethal Weapon 4, aber Mel Gibson und Danny Glover fehlt es auch nicht an der nötigen Selbstironie.Wenn ein talentierter Stand-Up-Comedian (Chris Tucker) sich jetzt mit Jackie Chan zusammentut, einen neuen Anlauf zu starten, steht daher einiges zu erwarten. Noch dazu ist der Streifen ein Kassenerfolg in den USA. Nur warum?
Seit Monaten wurde getrailert für diesen Film. Mindestens zwanzig Mal, so kommt es vor, hat man den Spot schon gesehen. Mitsprechen könnte man ihn beinahe. Schon da hatte man das Gefühl, die besten Szenen bereits gesehen zu haben. Warum also noch eine Karte kaufen?
Ein chinesischer Diplomat wird von Hongkong nach Los Angeles versetzt. Eine große Ausstellung, die er mitorganisiert hat, soll er eröffnen, eine Retrospektive von 5000 Jahren Kulturgeschichte. Doch ein chinesisches Syndikat hat noch eine Rechnung mit ihm offen – denn die Leihgaben hat er den Schurken abgenommen, als sie die Pretiosen außer Landes bringen wollten.
Seine kleine süße Tochter wird gekidnappt, das Lösegeld soll 50 Millionen Dollar betragen. Das FBI übernimmt den Fall, doch der Vater besteht auf der Mitarbeit eines früheren Mitarbeiters, eben Mr. Kungfu-Fighting, Jackie Chan.
Schon bald mischt er Agenten und Unterweltler auf, knapp hinter ihm immer das Kindermädchen, das das FBI für ihn abgestellt hat: Schnellplapperer Chris Tucker. Eine Mischung von Eddie Murphy und einem B-Movie-Will Smith. Aber engagiert. Da platzt dann schon mal eine Geldübergabe, wird ein Informantengespräch bloß simuliert, das Leben von Kollegen riskiert, die Coolness immer fest im Blick.
Dieser Inspektor Gadget löst aber – mit seinem Kollegen aus Hongkong, der sein Freund wird, klar – am Ende, wie überraschend, den größten Fall seiner Laufbahn, und kriegt, ach ja, einen Job beim FBI angeboten. Den schlägt er aus – und das sollte auch der Kinogänger mit diesem Streifen tun. Warum eine Karte kaufen? Selbst den verstreuten Kampfszenen mit dem quirligen Chan, der seinem US-Kollegen die Schau stiehlt, fehlt der Reiz. Schuld daran ist Chan selbst – er hat das Publikum mit immer neuen, immer gewagteren Tricks verwöhnt. Und an diese – hohen – Erwartungen kommt er nicht ran.
Auf den Punkt bringt es dabei der Film selbst: „Ich bin kein Müllschlucker!“ wehrt sich ein chinesischer Koch gegen Tuckers Wunsch nach Cheeseburger und Pommes. Gut gebrüllt, Buddha. Denn Rush Hour ist zähe Actionware, jeder Gag braucht minutenlange Setups, es ist nicht mal knalliges Popcorn-Kino. Warum also eine Karte kaufen? Wer will schon Müllschlucker sein?