Diese Filmkritik zu Frau Rettich, die Czerni und ich erschien im Mai 1998 auf indonet.de. Für mein Archiv habe ich sie hier neu publiziert:
Eine deutsche Komödie.
Eigentlich Abschreckung genug. Aber als Kritiker ist man so einiges gewöhnt. Also geht man zähneknirschend ins Kino. Und dann wird man überrascht, daß man tatsächlich einen guten Film zu sehen bekommt. Aber alles der Reihe nach.
Frau Rettich (Iris Berben), die Czerni (Martina Gedeck) und ich, ähh, Sophie (Jeanette Hain), bilden eine Frauen-WG. Gemeinsam lernen die drei Spanisch, da die Rettich Pupsi, einen stinkreichen Spanier, heiraten will. Und zur Hochzeit sollen ihre beiden Kolleginnen und Freundinnnen mit ins sonnige Barcelona reisen. Da wäre es ja peinlich, wenn die Brautjungfern kein Wort der Landessprache könnten.
Gen Süden geht es los – ohne Männer.
Denn Frau Rettich trifft ihren Bräutigam erst bei der Hochzeit. Die Czerni ist ganz froh, wenn sie ihren verklemmten Verlobten Bart (Samstag-Nacht-Comedian Olli Dittrich in seiner ersten dramatischen Rolle) mal für ein paar Tage Bart sein lassen kann. Und Sophie hat ihren Traummann Bakunin (Thomas Heinze) bislang noch nicht einmal ansprechen können. Die Coole wird immer dann zum absoluten Tolpatsch, wenn sie in die Nähe des ach-so-begehrenswerten Buchhändlers kommt.
Aber wer eine Reise macht, hat viel zu erzählen. So ist das von den „Badesalz“-Mechaniker äußerst schlampig gewartete Auto eine rollende Zeitbombe. Bei der Inspektion haben die Kfz-Monteure nämlich schlicht vergessen, ein Rad anzuziehen. Bis nach Frankreich eiern die ahnungslosen Frauen, wo ein aufmerksamer Techniker sich der Sache annimmt. Denn der Versuch von Bart, einen Reiseruf aufzugeben, um die Touristinnen zu warnen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Er kommt einfach nicht zum Punkt.
Entsprechendes gilt wohl auch für seine Beziehung mit der Czerni. So ist er, den sie durch ihre Betriebsratsarbeit kennengelernt hat, im Grunde ein riesengroßer Langweiler. Mit einem riesengroßen Herz. Denn trotz einer Affäre mit einem heißblütigen Julio-Iglesias-Verschnitt, der mit ihr seine Frau betrügt, kommt sie nicht von dem drögen Deutschen los.
Aber dieser Olli Dittrich spielt gut – und das ist wohl die größte Überraschung dieses Films – man nimmt ihm den Typ ab. Er ist eben kein sinnentleerender Comedian wie Wigald Boning. Iris Berben als hibbelige künftige Braut ist allerdings eine Fehlbesetzung. Für die Rolle einer hysterischen Furie ist sie dann doch ein paar Jährchen zu alt. Thomas Heinze ist mal wieder als Frauenschwarm mit Problembeziehungen besetzt worden – wie schon in Allein unter Frauen. Ist das nun noch eine Screen-Persona oder spielt er vielmehr nur noch sich selbst? Aus dem seichten Metier herauszukommen wird ihm jedenfalls irgendwann immer schwieriger fallen. Den schon klassischen Repertoire-Schwulen spielt diesmal Dirk Bach – für diese Rolle mußte er sicher nicht zum method actor werden. Zur Gedeck muß man wohl nicht mehr sagen. In Rossini hat sie bewiesen, daß sie nicht nur zu den talentierteren deutschen Schauspielerinnen zählt, sondern auch zu den erotischeren, wenn es solche in diesem Land denn überhaupt gibt…
Bleibt noch die Neuentdeckung Jeanette Hain. Leider hat sie mit ihrer Rolle im Grunde zwei Rollen zu spielen – und das war einfach nicht möglich. Dennoch gehört die Newcomerin wegen ihrer Natürlichkeit zu den Lichtblicken im Darstellerensemble. Auf der einen Seite (ohne Bakunin) beweist sie rotzfrechen und respektlosen Humor, auf der anderen Seite (mit Bakunin) ist sie verklemmter als eine Pastorentochter. Die Slapstickelemente, zu der sie das Drehbuch verpflichtet, wirken dabei allerdings häufig sehr bemüht.
Daß Deutschland in filmischer Hinsicht immer in die USA schielt – und daß das nicht immer ratsam ist, beweist auch dieser (im großen und Ganzen erfreuliche) Streifen: Am Ende sind alle glücklich, mit den richtigen Partnern zusammen, und die Frauen schwanger… Allerdings: Es gibt wenige deutsche Komödien, durch die sich der Zuschauer gut unterhalten fühlt. Dies ist eine davon!